20. Dezember 2025

Frisuren im Wandel der Zeit – von Dauerwelle bis TikTok-Schnitt

Frisuren erzählen Geschichten. Sie verraten mehr über eine Zeit als manche historischen Texte. Sie zeigen Moden, Rebellion, Selbstinszenierung – und manchmal auch schlichte Verzweiflung. Wer je versucht hat, eine Dauerwelle allein mit Lockenwicklern und Hoffnung zu bändigen, weiß Bescheid.

Die Dauerwelle – Wolken auf dem Kopf

In den 70er und 80er Jahren war die Dauerwelle ein Statement. Nicht nur eines, das man von weitem sah, sondern auch eines, das roch – denn wer einmal im Friseursalon saß, während die Chemie auf dem Kopf brodelte, weiß, dass Schönheit manchmal Opfer fordert.
Eine ältere Dame erzählte mir mal, dass sie früher ihre Dauerwelle so streng hatte, dass sie beim Niesen Angst hatte, eine Locke könnte abspringen. Trotzdem: Die Frisur gab Volumen, Selbstbewusstsein und das Gefühl, jederzeit in einen Discofilm platzen zu können.

Der Vokuhila – vorne kurz, hinten Party

Kaum ein Haarschnitt hat die Gesellschaft so gespalten wie der Vokuhila. In den 80ern galt er als Inbegriff von Coolness. Heute spricht man manchmal liebevoll von einer unvollendeten Entscheidung.
Eine beliebte Anekdote: Manche Mütter erzählten später ihren Kindern, sie hätten den Vokuhila nur deshalb getragen, weil sie damals dachten, er würde „praktisch“ sein. Vorne nicht im Gesicht, hinten warm – so ähnlich wie eine Frisurenjacke.
Und doch erlebt er immer wieder kleine Comebacks: in der Mode, in Subkulturen – und bei Menschen, die einfach mutig genug sind, sich nichts sagen zu lassen.

Der Topfschnitt – Traum oder Trauma?

Der Topfschnitt war besonders unter Kindern weit verbreitet. Vermutlich, weil man nur eine gerade Linie und einen nervös schwitzenden Vater mit einer Schere brauchte.
Viele erinnern sich an die Szene: Der Küchenstuhl, das mathematische Ausmessen des „Topfes“, das leise Gebet, dass das Ergebnis wenigstens symmetrisch wird.
Manche behaupten bis heute, der Topfschnitt habe Kinder charakterlich geprägt – schließlich mussten sie früh lernen, über sich selbst zu lachen.

Die 90er und 2000er – Gel, Strähnchen und die legendäre Boyband-Tolle

Die 90er brachten ganze Regalmeter an Haargel auf den Markt. Frisuren standen plötzlich so steif, dass man damit vermutlich hätte Draht biegen können.
Später kamen die Strähnchen – vorzugsweise blond. Ganz Deutschland lief herum, als wäre es kurz davor, in einer Boyband zu unterschreiben.
Zu dieser Zeit galt außerdem: Je mehr Haare man ins Gesicht kämmte, desto geheimnisvoller war man. Leider sah man dadurch auch weniger – was zu manch lustigen Stolpermomenten führte.

Und heute? Haben alle jugendlichen Männer wirklich dieselbe Frisur?

Man könnte es fast meinen. Der typische Look: Seiten kurz (wirklich kurz), oben länger, leicht verwuschelt, oft etwas lockig – der sogenannte „Modern Fade“, „Bro Flow“, „Textured Crop“ oder wie auch immer der Trend gerade heißt.
Warum wirkt es so einheitlich?

Ein paar Gründe:

  • Social Media verbreitet Trends in Lichtgeschwindigkeit.
  • Friseure haben klare Bestseller, die sie ständig schneiden.
  • Der Schnitt passt zu fast jeder Kopfform – praktisch also.
  • Und: Junge Männer probieren weniger radikale Experimente aus als frühere Generationen. Ein Vokuhila erfordert Mut. Ein Fade nicht.

Lustig ist: Friseurinnen berichten, dass sie täglich fünfmal denselben Satz hören: „Einfach so wie der Typ da“, während der Kunde ein Handybild zeigt, das identisch mit den letzten zehn Bildern war.

Trotz der scheinbaren Einheitlichkeit gibt es immer wieder Trends, die aufpoppen: Locken werden wieder gefeiert, der Mittelscheitel erlebt ein Comeback, und selbst der Vokuhila schleicht sich wieder mit modernem Feinschliff auf die Straßen.
Jede Zeit hat ihre Highlights und ihre „Was-haben-wir-uns-dabei-gedacht“-Momente. Und das ist gerade das Schöne: Haare wachsen nach. Immer. Naja – meistens.