Demenz – Wenn Eltern wieder zu Kindern werden
Demenz ist eine Krankheit, die das Leben der Betroffenen und ihrer Familien tiefgreifend verändert. Sie tritt meist im fortgeschrittenen Alter auf und beeinflusst das Gedächtnis, die Denkfähigkeiten und die alltäglichen Handlungsfähigkeiten. Eine der schwerwiegendsten Auswirkungen von Demenz ist, dass Eltern, die früher die Rolle der Fürsorgenden innehatten, zunehmend auf die Unterstützung ihrer Kinder angewiesen sind. In dieser Phase des Lebens erleben viele Kinder, dass ihre Eltern „wieder zu Kindern werden“, indem sie die Verantwortung für ihre eigenen Bedürfnisse, Entscheidungen und das tägliche Leben nicht mehr selbstständig tragen können.
Mit dem Fortschreiten der Demenz verlieren die Betroffenen zunehmend ihre Fähigkeit, sich an grundlegende Dinge wie den Tagesablauf, Namen oder alltägliche Aufgaben zu erinnern. Dies kann dazu führen, dass sie in einer kindlichen Abhängigkeit von ihren Angehörigen leben, die die Rolle der Eltern teilweise umkehren. Die Kinder müssen nun die Entscheidungen für ihre Eltern treffen, ihre Gesundheit überwachen und oft in der Funktion als primäre Betreuungsperson agieren. In vielen Fällen müssen sie auch ihre Eltern in ihrer emotionalen und körperlichen Pflege unterstützen, was zu einer intensiven, oft sehr belastenden Beziehung führt.
Die Kommunikation wird zunehmend schwieriger, da Demenz auch die Sprachfähigkeiten beeinträchtigen kann. Der Betroffene erkennt möglicherweise nicht mehr die eigenen Kinder, reagiert jedoch emotional auf sie. Die Abhängigkeit und das Bedürfnis nach Fürsorge können die Beziehung zwischen Eltern und Kindern erheblich belasten. Kinder sehen sich mit der Aufgabe konfrontiert, die Rolle des Beschützers zu übernehmen, was eine Umstellung der familiären Dynamik bedeutet. Was früher eine Eltern-Kind-Beziehung war, wird nun zu einer Situation, in der die Kinder die Verantwortung für die Pflege übernehmen müssen.
Die körperlichen und emotionalen Bedürfnisse der Eltern wachsen oft mit der Zeit, und während die Kinder versuchen, diesen Bedürfnissen gerecht zu werden, fühlen sie sich oft selbst überfordert. Der Verlust der Selbstständigkeit und die stetige Veränderung des Verhaltens der Eltern können sowohl für die betroffenen Personen, als auch für ihre Kinder schmerzhaft und verwirrend sein. Zudem müssen viele Kinder lernen, ihre eigenen Gefühle in den Hintergrund zu stellen, um die Bedürfnisse ihrer Eltern zu erfüllen, was zu inneren Konflikten und Stress führen kann.
Für die Kinder ist es oft ein schwieriger Prozess, den Verlust der eigenen Eltern zu erleben, die zunehmend in einer Art „Kindheit“ zurückkehren. Der Umgang mit dieser veränderten Situation erfordert viel Geduld und Verständnis, da das Bild der starken und weisheitsvollen Eltern, das sie jahrelang hatten, sich mit der Zeit verändert. Gleichzeitig ist es ein intensiver und schmerzhafter Prozess des Loslassens und des Akzeptierens der neuen Realität.
Auch haben Katy Karrenbauer und Bernhard Schwendemann beim „Primetime- Talk“ mit Betroffenen über dieses Thema gesprochen!